Wir alle kennen Facebook als das soziale Netzwerk, was man beim Anstehen mal so nebenbei bedienen kann. Es ist Text und Bild und vielleicht ab und zu mal ein Video. Zwar gibt es seit einiger Zeit auch Facebook Live, also Livestreaming innerhalb von Facebook, das kommt bei mir in der Timeline aber gar nicht so oft vor.
Das aber könnte sich jetzt ändern, denn Facebook pusht diesen Dienst gerade massiv.
Neue Features bei Facebook Live
Laut einem Newsroom-Post von Facebooks Product Management Director Fidji Simo werden derzeit diverse neue Funktionen ausgerollt.
Zum einen gibt es Livestreams bald auch für Gruppen und Veranstaltungen. Nachdem dies letztens schon für alle Facebook-Pages ausgerollt wurde, gibt es kaum einen Bereich mehr, wo es nicht den Streaming-Button gibt.
Direkt von Periscope übernommen ist zudem die Möglichkeit, bei einem Livestream direktes Feedback zu geben, nämlich in Form von Facebook Reactions.
Auch bei der Wiedergabe eines aufgenommenen Streams gibt es Neuerungen. Waren nämlich die Kommentare bislang einfach unter dem Post zu finden, so werden sie in Zukunft synchron beim Abspielen wiedergegeben. Auch dies kennt man schon von Periscope (aber auch Twitch). Das macht es deutlich einfacher, eine Konversation zwischen Streamer und Zuschauern auch in der Aufnahme nachverfolgen zu können.
Natürlich dürfen auch Filter nicht fehlen und so gibt es bald 5 Videofilter, allerdings eher basic. Geplant ist auch die Möglichkeit, direkt auf das Video zu malen.
Zuschauer erhalten ebenfalls ein neues Feature, nämlich die Möglichkeit, Freunde zum Stream-Gucken einzuladen.
Facebook Live statt Messenger
Wie ernst es Facebook mit Live-Video ist, zeigt aber eine ganz andere Änderung: In der App nämlich wird der Messenger-Button durch einen Live-Button ersetzt. Klickt man darauf, kommt man zu einem Live-Video-Verzeichnis mit Suchfunktion. Noch deutlicher kann Facebook wohl nicht zeigen, wie ernst es ihnen ist.
Desktop-Benutzer erhalten auch ein solches Verzeichnes, allerdings in Form einer (wohl im Moment hier noch nicht erreichbaren) Facebook Live Map, auf der Videos per Karte auffindbar sein sollen. Und auch das wurde ja direkt von Periscope kopiert.
Neue Metriken für Facebook Live
Wo es neue Inhalte gibt, will man auch messen, wie gut sie funktionieren. Daher wird es laut dem Facebook Media Blog auch neue Metriken rund um Live-Video geben. Z.B. ist es als Streamer interessant, zu wissen, wie hoch der Peak war, wie viele Leute wann das Video geschlossen haben usw. Dazu gibt es zwei neue Statistiken: Die Gesamtzahl der eindeutigen Besucher, die das Video angeschaut haben, während es live war und eine visuelle Darstellung der Zuschauer während jeden Zeitpunkts des Livestreams.
Zu finden wird das unter Page Insights und in der Video-Library sein und demnächst dann auch via API und als Export.
Facebook zahlt für Live-Streams
Nicht nur, dass es zig neue Features gibt oder geben wird, Facebook pusht auch Inhalte. So hat Fidji Simo re/code erzählt, dass Facebook großen Medienfirmen sogar Geld zahlt, damit sie Facebook Live nutzen. Dabei sind Firmen die BuzzFeed, New York Times und laut einem Redakteur von The Verge wohl auch Vox Media.
Wohin entwickelt sich Facebook?
Mit diesem großen Push in Richtung Live-Video stellt sich natürlich die Frage, warum Facebook dies macht. Schließlich hat Video ja auch Nachteile, vor allem im Vergleich zu Text-Inhalten. Es braucht länger, um konsumiert zu werden. Man kann es nicht mehr nur nebenbei machen. Es braucht Ton und WLAN sollte man je nach Datentarif auch haben. Viele Gründe also, die dagegen sprechen.
Die Zahlen sprechen aber wohl eine andere Sprache. So wird laut Fidji Simo bei Live-Videos z.B. bis zu 10 mal mehr kommentiert. Und auch Casey Newton von The Verge attestierte letztens in einem Stream, dass er deutlich mehr Reichweite bei Facebook Live hatte als es je bei Periscope der Fall gewesen war.
Und eines ist bei Facebook sicher: Sie tun nichts, was sie nicht messen und vorausplanen können. Und ein bisschen Erfahrung mit Live-Video haben sie ja inzwischen auch sammeln können.
Was ist mit Periscope?
Wenn es einen Verlierer gibt, dann ist es wohl Periscope. Das merkt man auch ohne Facebook recht schnell. Denn Videos bei Periscope werden nur 24 Stunden gespeichert, danach hat der Tweet dazu keinen Inhalt mehr. Das ist ärgerlich, wenn man Inhalte streamt, die nicht nur im Moment relevant sind. Dies betrifft z.B. Session-Mitschnitte wie beim PythonCamp (und da habe ich gestreamt) oder auch Interviews. Gerade für Medienhäuser und Unternehmen in meinen Augen ein großer Nachteil.
Und jetzt, wo Facebook die anderen Features eh alle kopiert hat, bleibt bei Periscope nicht mehr viel an USP übrig, außer vielleicht der Twitter-Einbindung. Also wohl leider Chance verpasst.
Ich persönliche finde das alles aber auf jeden Fall spannend. Auch bei der f8-Konferenz nächste Woche wird wahrscheinlich auch noch das ein oder andere dazu gesagt werden. Und zudem ist das alles ein Grund, sich auch als Unternehmen mal Livestreaming anzuschauen.